Zur Geschichte der Laurentiuskirche und des Pflegeheims
1269
ließ Markgraf Dietrich der Weise (1242 – 1285) am linken Saaleufer neben der Brücke – etwa in der Höhe, wo 1844 durch die Reichsbahn Bahngleise verlegt wurden – ein Hospital mit einer kleinen Kapelle „... zur Ehre des allmächtigen Gottes und der allerheiligsten Maria, zur Erquickung und zur Tröstung armer Schwacher ...“ erbauen.
Dietrich der Weise war Markgraf des Osterlandes, dem östlichen Teil des damaligen Thüringen. Er nannte sich selbst Dietrich von Landsberg (Landsberg bei Halle / Saale).
1272
wurde das Hospital, dessen Zweck von Anfang an die Pflege Armer und Schwacher war, eingeweiht. Nachweisbar ist nicht, ob dieses Hospital schon den Namen Laurentius-Hospital trug.
„Dieses Hospital erstreckt sich auf 20 Personen, männ- und weiblichen Geschlechts, welche ihre festgesetzte Hospital-, Bet- und Lebensordnung, auch einen sogenannten Spitalvater, der auf ihr Tun und Lassen Acht geben muss, haben. Es ist auch in diesem Hospital eine Kirche oder Kapelle, nebst zwei Glocken, befindlich, darinne der Subdiakonus alle 14 Tage Predigt hält, auch zu gewisser Zeit Beichter sitzt und Abendmahl reicht. Hinter dem Hause ist ein großer umzäunter Garten und neben demselben der Gottesacker.“
("Historischtopische Nachrichten von der ganzen Pflege Weißenfels", von Georg Ernst Otto, Gedruckt in Weißenfels bei Severin 1795)
Kurz nach der Einweihung wurde das Hospital der Stadt Weißenfels übergeben.
1310
befreite Markgraf Friedrich I. (gest. 1324) das Hospital von allen Steuern und Beden (Abgaben im Mittelalter), die es für erhaltene Zuwendungen und Güterschenkungen zu zahlen hatte. Diese Abgabebefreiung wird 1337 von Friedrich II. bestätigt. Trotzdem war der Fortbestand des Hospitals um 1400 aus finanziellen Gründen gefährdet. Um das Hospital, und somit die Pflege Alter und Schwacher zu erhalten, gewährt am 1. Mai.
1404
der Bischof von Merseburg (ein geborener Graf von Holmstein) allen denjenigen, die dem Hospital und der dazugehörigen Kapelle des heiligen Laurentius – in dieser Urkunde wird zum 1. Mal das Hospital als Laurentius-Hospital benannt – reichlich Gaben und Almosen spenden, einen Ablass (Nachlassung zeitlicher Sündenstrafen durch die Kirche vor der Reformation) von 40 Tagen. Diese Zusage des Bischofs zeigte Früchte. Durch Schenkung und Vermächtnisse konnte sich das Hospital wirtschaftlich sanieren und selbständig existieren.
Im Vergleich mit den 2 Hospitälern der Stadt, dem St. Niclas-Hospital, einem Hospital für Frauen in der Naumburger Straße Ecke Waltherstraße und dem St. Jakobs-Hospital für rechtschaffene arme Pilger und Kranke zur Zeit des Sterbens (Chronik Gerhardt), wurde das Laurentius-Hospital das „reiche Spittel“ genannt, das sich auch in schwersten wirtschaftlichen Zeiten erhalten konnte.
Soweit die urkundlich belegbaren Forschungsergebnisse zur Entwicklung des Hospitals bis zu diesem Zeitpunkt. Wäre da nicht eine Randnotiz des Weißenfelser Superintendenten Thörmer (der 1632 verstarb) in der Chronik von Krause, die sich wohl auf eine Erzählung, die im Weißenfelser Volksmund kursierte, stützte, die aber bisher durch keine Urkunde bestätigt werden konnte.
Nach dieser Erzählung sei das Hospital eine Stiftung eines Edelmannes namens Lorenz aus Jaucha bei Hohenmölsen. Dieser Lorenz wechselte seinen Wohnsitz, zog nach Weißenfels und soll wohl jenseits der Saale (linkes Saaleufer) an der Brücke einen halbverfallenen Gutshof gekauft und diesen später in ein Hospital umgebaut haben.
Dieses Hospital sei dem heiligen Laurentius gewidmet worden. Zuweilen hört man aber auch, dass dieser Edelmann nicht Lorenz, sondern Laurentius hieß, und da Hospital nach ihm benannt worden sein soll. Nachfolgende Chronisten beachteten zwar die Randnotiz des Superintendenten Thörmer, da sie aber keine Zeitangaben enthält und auch urkundlich nicht belegbar ist, wertet man sie weiterhin als Erzählung des Weißenfelser Volksmundes.
Um der Historie gerecht zu bleiben, stütze ich mich bei meinen weiteren Ausführungen auf vorhandene Urkunden und Fakten.
1487
wurde eine große Glocke für das Hospital gegossen.
1570
erhielt das Hospital aus dem Nachlass der verstorbenen letzten Äbtissin des St. Claren-Klosters Weißenfels, Margarethe von Watzdorf, jährlich 2 ½ Gulden zur Betreuung der Hospitalisten.
1571
wurde das vor 300 Jahren erbaute Hospital wegen Baufälligkeit abgerissen und an gleicher Stelle ein neues Hospital mit einer eingebauten Kapelle errichtet, welches am 24. Oktober
1574
seiner Bestimmung übergeben wurde. Die Hospitalkapelle hatte einen dreiteiligen Flügelaltar. Auf den beiden Türflügeln waren aus Holz geschnitzte Heiligenfiguren des Laurentius und Sebastian angebracht.
1641
Schlimme Zeiten erlebte das Hospital im dreißigjährigen Krieg, besonders, als die Schweden es als Quartier benutzten und fast vollständig zerstörten.
1655
stiftete Heinrich Schütz für die Hospitäler eine Schenkung von 100 Gulden, von den jährlichen Zinsen von 5 Gulden sollten und erhielten das Laurentius-Hospital 2 Gulden und das Nicola-Hospital 3 Gulden pro Jahr.
1683
war das Hospital finanziell soweit abgesichert, dass die Schäden des dreißigjährigen Krieges durch eine gründliche Erneuerung beseitigt werden konnten.
1719
erhielt die Kapelle „das Kirchlein“ auch eine neue Glocke, da die 1487 eingeweihte Glocke durch einen Sprung ihren Klang verloren hatte.
1724
in der Weißenfelser Herzogszeit (1657-1746) veranlasste Herzog Christian (1712-1736), dass „das Kirchlein“ eine Empore erhalte, um mehr Raum zur Anhörung göttlichen Wortes zu haben.
1757
hinterließ auch der siebenjährige Krieg seine Spuren. Einige Kanonenkugeln verirrten sich in der Hauswand des Hospitals, als der „alte Fritz“ die fliehenden Franzosen verfolgte.
1824
wurde „das Kirchlein“ erneuert. Urkunden erwähnen wiederum einen Flügelaltar, doch diesmal etwas präziser: Ein Flügelaltar mit Maria als Himmelskönigin, flankiert von zwei Jungfrauen mit Schwert und Buch. Gerahmt wird dieses Mittelfeld von Sebastian auf dem rechten und Laurentius auf dem linken Seitenflügel des Altars.
1844
mit dem Beginn des Baues der Eisenbahnlinie Halle-Merseburg-Weißenfels war es mit der Ruhe und Beschaulichkeit des Hospitals vorbei. Nicht nur das Land der langjährigen Weinberge wurde z.T. eingeebnet, auch das Hospital stand auf dem vorgesehenen Gelände für den zu erweiternden Schienenstrang für die Thüringer Eisenbahnlinie und so musste es nach 600-jährigem Bestehen 1878 abgerissen werden. Der Flügelaltar wurde dem Weißenfelser Museum übergeben. Für ein neu zu erbauendes Laurentius-Hospital kaufte die Stadt weiter oberhalb in der Merseburger Straße ein größeres Grundstück. Am 6. Juli
1877
erfolgte die Grundsteinlegung und schon ein Jahr später, am 29. August.
1878
konnte das neu erbaute Hospital Sancti Laurentii seiner Bestimmung übergeben werden. Allerdings war es nicht gleich in seiner jetzigen Größe errichtet worden. Zwischen ihm und dem nördlichen Nachbargrundstück war anfangs noch eine kleine Lücke, die um 1905 durch den Einbau weiterer Hospitalitenstübchen geschlossen wurde. Davor wurde später noch die Glasveranda im Vorgarten erbaut. Dieser neue Hospitalkomplex hatte eine Kapazität von bis zu 35 Personen. Gemeinsam mit dem Neubau des Hospitals entstand auch die angrenzende Hospitalkirche. Jedoch nutzbar nur für die Hospitalbewohner (Hospitalisten), die ihre Kirche vom Heim aus durch je eine Tür im Schiff und auf der Empore betreten konnten. Die Andachten in dieser Kirche hielt der im Jahre 1887 in Weißenfels eingestellte Subdiakonus Gerhardt, der auch der Verfasser der Chronik „Geschichte der Stadt Weißenfels“ (Herausgabe 1907) ist. Nur in Ausnahmefällen und mit Genehmigung des Magistrates der Stadt fanden in der Hospitalkirche Trauungen, Taufen und Konfirmationen der 10.000 Christen zählenden Neustädter Kirchengemeinde mit eigenem Pfarrer statt; denn die Kirche war Bestandteil des Hospitals und befand sich mit diesem nach wie vor unter dem Patronat (Vorrecht) des Magistrates der Stadt Weißenfels. Außerdem gehörten die Bewohner der Neustadt zum Einzugsgebiet der Marienkirche der Altstadtgemeinde.
1925
wird die Neustadtkirchengemeinde von der Altstadtkirchengemeinde getrennt und ist somit eigenständig. Diese konnte nun die Hospitalkirche für Andachten und kirchliche Höhepunkte nutzen. Allerdings nur als Mieter, nicht als Besitzer.
1950
wird die Ladegast-Orgel überholt. Nachdem sich alle Pläne zum Bau einer eigenen Kirche immer wieder zerschlagen hatten, erwarb die Neustadtkirchengemeinde im Tausch gegen das Grundstück Gabelung Merseburger/Tagewerbener Straße im Jahre
1964
die Hospitalkirche von der Kommune Weißenfels (früher Patronat des Magistrates). Von nun an steht die Hospitalkirche auf kirchlichem Grund und Boden und ist Eigentum der Neustadtkirchengemeinde.
1985
ging das Hospital aus der Kommune (dem Patronat) der Stadt Weißenfels in die Trägerschaft der zentralen Heimverwaltung über. Der im Jahre
1992
neugegründete „Diakonische Verein St. Laurentius Weißenfels e.V.“ übernimmt die Trägerschaft über das Alten- und Pflegeheim. Dazu wurden mit dem Landkreis Weißenfels ein Übernahme- und ein Erbbaupachtvertrag abgeschlossen.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurde festgestellt, dass dieses Heim nicht den Standards der Bundesrepublik entspricht und deshalb entsprechende Veränderungen erforderlich wurden. So musste der Vorstand, unter fachkundiger Beratung durch das Diakonische Werk Magdeburg, in dem der Verein auch Mitglied ist, sich zu einem Neu- und Ausbau entschließen. Seit Dezember
1998
leben die 40 Bewohner und arbeiten die 19 Mitarbeiter wieder im neu gestalteten und renovierten Pflegeheim in der Merseburger Straße/Hospitalstraße. Es entstanden 28 Einzelzimmer, davon vier behindertengerechte Einzelzimmer und zwölf Zweibettzimmer.
Der mit Grünpflanzen und Blumen ausgestaltete Innenhof lädt zur Beschaulichkeit und Besinnung ein. Die Heimleitung ist ständig daran interessiert, den Heimbewohnern das Leben angenehm und abwechslungsreich zu gestalten, so z.B. durch musikalische Nachmittage, Lese- und Spielstunden, Bewegungsübungen, Gedächtnistraining und kulturelle Darbietungen durch engagierte Chöre und Kulturgruppen.
Wöchentlich wird eine kirchliche Wochenschlussandacht gehalten. Ein besonderer Höhepunkt in jedem Jahr ist der Laurentiustag, zum Gedenken an Laurentius, dem zu Ehren das Hospital und die Kirche benannt wurden.
„Dieser Laurentius ist des Papstes Sixtus oberster Priester gewesen, in der grausamen Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Gallieno, oder wie andere wollen, Dezio, wegen seiner Beständigkeit im christlichen Glauben, Ao 272, nach Christi Geburts, lebendig auf dem Roste gebraten worden.“ (Chronik Otto)